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Die aesthetische
Begründung meiner Musik |
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Mein kompositorisches Schaffen
umspannt die Zeit von 1930 - 1990, also 60 Jahre. Große Wandlungen in
allem, was Musik anbetrifft, haben sich währenddem vollzogen. Sie
betreffen besonders die 50er und 60er Jahre. Daß sie nicht spurlos an
mir vorübergegangen sind, ist gar nicht anders möglich. Es war der zweite
Weltkrieg, der alles veränderte. Die Wandlungen hatten nicht nur
öffentlich-kulturellen Charakter, sondern griffen auch in das innerste
Gefüge des musikalischen Seins ein. Meine Auffassung über Musik stand
von Jugend an noch in der Aesthetik des 19. und frühen 20.
Jahrhunderts: Musik ist eine geistig bzw. ideell verankerte Aussage „in
Tönen bewegter Form”. Die metaphysische Bindung im irrationalen wie
im religiösen Bereich war für mich ebenso entscheidend wie die
soziologische. Denn die Musik braucht eine Basis im Menschen
schlechthin, um extstieren zu können. Diese in mir fest verwurzelte
Auffassung war für mich bis in die Kriegsjahre hinein unumstößlich. Nur
auf d e r Grundlage konnte ich arbeiten. Daß ich dabei den Wandel vollzog,
von einer dur-tonalen Ordnung zu einer freien Tonalität, war eine
zeitgebundene Forderung. Die neue geistige Basis der Ordnung, die
mein Schaffen ab 1945 in jeder Hinsicht bestimmte, war nur eine etwas
im Verhältnis zu vorher verschobene Ebene, auf der sich neue
Gesichtspunkte für mein Schaffen ergaben. Wenn auch das musikantische
Element zeitweise durch das konstruktive ersetzt wurde, so war das
nur ein neuer Aspekt, der sich aus der Zeit ergab. Musik war immer noch
tönend bewegte Form für mich auf einer ausschließlich ideellen Basis.
Die Gesetze der musikalischen und kompositorischen Ordnung blieben
unangetastet.
In den 50er Jahren begann der große Wandel. Der
avantgardistische Kreis zerstörte das metaphysische Fundament der
Musik. Ihre Grundfesten wurden dadurch erschüttert, daß sowohl die
geistige wie auch die soziologische Bindung aufgegeben wurde. Der vom
Material her bestimmte rationale Konstruktivismus wurde so stark
weiterentwickelt, daß die Gesetze musikalischen Seins allein aus der
Ratio, nämlich der Zahl und der graphischen Notation abgeleitet wurden.
Mensch und Idee waren ausgeschaltet, bzw. die Idee auf eine rationale
Ebene verschoben. Der Mensch als soziologische Basis, für den die
Musik doch letztenendes geschrieben ist, existierte praktisch nicht
mehr. Die Musik lebte im luftleeren Raum, konnte nicht mehr atmen und
brach in Geräuscheffekten zusammen. Das mag als periphere
Begleiterscheinung noch möglich sein, aber nicht als zentraler
Schaffensbereich. Die Musik, die eigentlich keine mehr darstellt, war
zum Scheitern verurteilt. Mein vom Ordnungsproblem bestimmtes
Schaffen zeigte wohl zeitweise konstruktive Ansätze. Aber sie waren ganz
in ein musikalisch „tönend bewegtes” Musizieren eingebettet und nie
Selbstzweck. Denn der Endzweck der Musik ist für mich immer eine
geistige Aussage in musikalischer Form.
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